Alter Falter!

Früher fand ich, alt ist immer 15 Jahre älter als ich. Das waren die Zeiten, als ich noch über jeden Deich gehoppelt bin, der nicht bei 3 im Meer war und immer was zu Blöken hatte.  

Ich möchte mich immer noch für, naja, eben nicht-alt halten, aber das Bild beginnt, zu wackeln. Ich kann mit Youtube-Stars (echt? Stars?), die mir immer häufiger in der Werbung oder gar zur Primetime präsentiert werden, nichts anfangen. 
Nichts. 
Und ein bisschen möchte ich das auch gar nicht. 

Ich bin jetzt wohl erwachsen. Aber eben noch nicht wirklich alt (finde ich).
Und doch gibt es diesen Moment, wo ich für die Menschen schlagartig zur Alten mutiere.
Ein Stock,  Rollator oder Rollstuhl reicht, zack, bin ich die Mutter meiner Lebensgefährtin, oder sie mein Pflegedienst (schliesslich sind wir ja zusammen unterwegs). 

Dabei unterliege ich, wenn mit mir Canasta oder  Krankheits-Olympiade gespielt wird, stets den Alten! Denn sie haben die Karten gezählt,und nehmen mehr Pillen  als ich.
Und sie sind älter!
Da bin ich verloren…

Verlieren wir den Blick für unser Gegenüber? Ich bin auch schlecht, wenn ich das Alter anderer einschätzen soll, aber ich bin zumindest vorsichtig! 
Andere eher nicht. 
Beispiel? 

Auf meinem Deich gab es vor langer Zeit mal eine kleine Eisenbahnstrecke, die stillgelegt und abgebaut wurde.
Und zwar 1 Jahr vor meiner Geburt. 
Trotzdem fragt mich mein Besuch, ob ich oft damit gefahren bin, 
und ich bin froh, dass er nicht fragt, wie die Eröffnungsparty war! 
Sie war übrigens 1888. 
Gut, er hatte keine Ahnung und kein Wikipedia, aber trotzdem, Sascha! 

Ich berichtige mittlerweile niemanden mehr. 
Schliesslich ist die Musik, die ich früher gehört habe, mittlerweile bei „Oldies“ einsortiert! 
Und Telefone mit Wählscheibe kennt eh niemand mehr! 
Mittlerweile bin ich diejenige, die aufmunternde Blicke erntet, wenn sie ihr Smartphone bedient.

Alter Falter…

 

Mimimi

Guten Tag!

Mein Name lautet heute Mimimi.
Es ist bitterkalt, und die Tage werden noch 7 Wochen lang kürzer und dunkler.
Hatte ich schon erwähnt,
dass es auf meinem Deich immer kälter ist als anderswo?

Ach ja, die Jüngste bin ich auch nicht mehr, also muss ich den ganzen Tag stehen, wie es sich für eine Fluchttier-Alternde gehört.
Mimimi.
Das fühlt sich an wie in einer Warteschleife der Hotline des Lebens!
Wann es weitergeht? Keine Ahnung, aber ich kann die Musik schon mitsingen.
Leider.
Und wer wird dann mein Gespräch annehmen? Der versierte Techniker aus dem Keller, oder der ahnungslose Student im Nebenjob?
Es reicht die Begrüssung, und ich weiss, was passieren wird. Das hat schon zu heftigen Lachkrämpfen geführt (ich entschuldige mich ausdrücklich bei dem ahnungslosen anderen Ende der Leitung). Wirklich geholfen hat mir noch nie einer dieser Anrufe.
Ich meide sie wie die Pest.
Und ich bin persönlich beleidigt, wenn (scheinbar) alles geregelt ist, zwei Wochen später aber ein magenta-farbener Brief eintrudelt, der beweist, dass Komiker in der Zentrale sitzen.

Mimimi.

Das Leben ist leichter (und entspannter) auf dem sommerlichen Deich…
Zum Glück ist mein Fell dicht!
Und zum Glück bin ich keines der Lammfelle, mit denen warme Kinderstuben ausgestattet werden…
Also werde ich weiter in der Warteschleife hängen, bis es wieder heller und wärmer wird.
Quasi alternativlos.
Kann mir mal jemand Lebkuchen reichen?
Geht doch schon, oder?
Das Wetter passt auf jeden fall schon mal. Irgendwie doch auch zum Glück.

Happy November!